Log 2

Autor:
Benjamin Becker

Nach dem Auszug aus dem
UdN-Bautagebuch vom 30.03.2010

Protokollant: Steffen Plath
Temperatur: 14°C / Wetter: sonnig, teils wolkig
Bauteam: Kutimalai, Plath, (Vers, Lorenz)
Eingesetzte Maschinen: -
Ausgeführte Arbeiten: Wohnung verputzen, Putz anmischen, Türrahmen ausrichten, Türrahmen verschrauben, Türrahmen verputzen, Schutt abtransportieren, Fegen (Fertigst: erfolgt)
Baustoffe: Mörtel, Putz, Kalksandstein
Bemerkungen: Vers und Lorenz nicht anwesend, da Samstag gearbeitet.

Bauzeitenplan

„Die Baumaßnahmen im Rahmen des Lehr- und Forschungsprojekts Universität der Nachbarschaften erfolgen unter Low Budget-Kriterien nach dem Prinzip des angeleiteten studentischen Selbstbaus.“ Donnerwetter! Aber wie macht man das? Was bedeutet das in Zeiten, in denen die restlos durchstrukturierten Curricula der Bachelor- und Master-Studiengänge ihre Studierenden in immer engere Zeitrahmen zwingen, in denen oft wenig bis gar kein Raum für die Vertiefung individueller Interessen und Schwerpunkte bleibt?

„Also, ich würde schon gerne mitmachen, sonst wäre ich heute ja auch nicht zur Informationsveranstaltung gekommen, aber ich kann leider nur Dienstags von 9.00 Uhr bis 11.30 Uhr und Donnerstag nachmittags ab 14.00 Uhr? Wäre das auch ok?“ – „Ja klar, das ist prima. Dann kommen Sie einfach Dienstag um 9.00 Uhr, ziehen sich schnell Baustellenhelm und Sicherheitsschuhe an, damit Ihnen dann bis 11.30 Uhr noch genug Zeit bleibt, sie wieder auszuziehen.“ Wie also betreibt man eine Laien-Baustelle dienstags von 9.00 bis 11.30 Uhr? Am besten gar nicht.

Stattdessen entwickelt, kommuniziert und lebt man das, was an der UdN als Bauzeitenplan bezeichnet wird: eine komplexe, bunte Matrix, die neben der klassischen Auflistung der zeitlich aufeinander folgenden Bauabschnitte heruntergebrochen in Baumaßnahmen und Gewerke, kryptische Eintragungen wie, “Hanna Vers > immer; aber nur Donnerstag bis Samstag“ oder “Steffen Plath, ganzes Wochenende inkl. Montag; Zweiter Montag abwesend wegen Bauko-Klausur“ aufweist. In der selben Logik finden sich Farbfelder samt zugeordneter Zeitblöcke für beispielsweise „Arbeiten Lernen Hamburg (ALH)“, „Gangway-Jugendliche, nur Grünschnitt“ oder „Schülerpraktikanten Gesamtschule Wilhelmsburg“. Dichte bunte Cluster in der Woche um den 14. September: Armin aus dem Qualifizierungs-Programm Junge Erwachsene und Niko aus dem Seminar UdN-Bauhütte unterstützen den Gesellen der für Elektroinstallationen zugeschalteten Firma Diehn beim Schlitze-Stemmen, während die Herren aus der ALH-Maßnahme gemeinsam mit Immanuel Mihm von der UdN-Bauleitung an den Rohrleitungen arbeiten. Für einen konventionellen Bauzeitenplan eher untypisch ist auch die auffällige Verdichtung der Arbeitsmaßnahmen an Samstagen und Sonntagen. Der Stundenplan der HCU-Studierenden sieht eben am Wochenende keine alternativen Vorlesungen oder Seminartermine vor.

Am siebten UdN-Baustellen-Wochenende in Folge, fliegt dann auch Samstag morgens um viertel nach elf das Fenster auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf und der sonst milde winkende Nachbar aus dem ersten Stock brüllt mit der Stimme am Anschlag: „Normale Menschen gehen unter der Woche arbeiten und spielen am Wochenende nicht mit Schlagbohrern.“