Mittwochnachmittag in der Küche

Hans Vollmer
UdN-Bewohner & Studierender Urban Design

Es geht gegen 17 Uhr, als man Regentropfen erst leise, dann lauter auf dem Plastikdach hört. Der Raum wie ein riesiger Resonanzkörper, verstärkt den Regen, der darauf trommelt. Es riecht irgendwie nach Rauch. Niemand kocht. Ich bin alleine. Dann höre ich ein paar Stimmen. Türkisch. Sie kommen von draußen aus dem Park. Der Rauch auch. Es sind alle Fenster zu, aber es zieht durch die Rahmen. Jetzt sehe ich Silhouetten. Personen auf der Terrasse. Das Knistern eines Feuers. Ich gehe ums Haus und treffe drei Männer zwischen 40 und 50 mit kleineren Kindern auf der Terrasse. Dahinter der Schriftzug „HOTEL UdN “. Ein Mann sammelt Holz, die anderen beiden bauen eine Art Turm aus Feuerholz über einem wackeligen Dreibein-Grill. Am Gebäude unter der vorgespannten Plane sitzen auf der Holzbank vier Mädchen. Zwei von Ihnen scheinen Hausaufgaben zu machen.
„Hallo! Wir wollen nur grillen.“
„Das ist schon in Ordnung. Es roch nur drinnen etwas stark nach Rauch.“
„Ja, das ist das Holz, das ist etwas nass heute, wegen dem Regen. Aber das ist gleich wieder vorbei, wenn das Glut wird.“
„Schauen Sie wegen der Abdeckplanen, dass sie die nicht anbrennen.“
„Ja ja, das haben wir gesehen. Wohnen Sie hier?“
„Ja, ich wohne hier.“
„Entschuldigen Sie, das wussten wir nicht, wir dachten das ist irgendwie so eine Studenten-Universität oder so. Wollen Sie was essen?“
„Nein danke, ich habe schon etwas gegessen.“
Nach einer kurzen Unterhaltung gehe ich wieder zurück ins Gebäude. Während ich an meiner Masterarbeit über die Feuerstellen in Wilhelmsburg weiterschreibe, lausche ich der Unterhaltung der Terrassen-Gäste. Eine Stunde später klopft es an der Tür. Einer der Männer steht im Eingang und hält mir stolz mit beiden Händen ein Viertel eines getoasteten Fladenbrotes entgegen, gefüllt mit zwei gegrillten Hähnchenschenkeln und einer ebenfalls gegrillten, grünen Paprika.
„Die ist nicht scharf“. Wir vereinbaren, dass der Grill beim Haus bleiben kann, bis sie nächsten Mittwoch wieder im Park grillen. In unserer Masterarbeit kommen wir später auf die Bezeichnung des „l`hôte“, Wirt und Gast in einem Wort. Hier ist es passiert.